Von Ast zu Ast hüpfen – aber sicher
Klock, Klock, Klock. Die ersten Schritte auf dem Steg federn, sind spür- und hörbar anders, als eben auf dem Wanderweg. Ich bin mit Eva-Christin Ronkainen-Kolb von der HarzVenture GmbH unterwegs. Am Wochenende ist sie mit ihrem 13 Monate alten Sohn zum ersten Mal über die Holzplanken geflitzt. Sie sagt: „Ich weiß, dass hier alles absolut sicher ist. Die Gitterstäbe sind weit genug zusammen, dass kein Kind durchpasst. Aber als ich das erste Mal als Mama hier war, wurde mir so richtig die Höhe bewusst.“ Seit der Eröffnung im Mai 2015 spazieren, wandern, stampfen, hopsen und schlendern 200.000 Besucher jedes Jahr unfallfrei den Baumwipfelpfad entlang. Auch Rollen und Schieben ist möglich, denn der 1.000 Meter lange Pfad ist für Rollstuhlfahrer, Rollatoren und Kinderwagen barrierefrei befahrbar, sodass „Reisen für alle“ möglich ist, wie es in der Zertifizierung heißt.

Harzverliebt
Nach ein paar Schritten auf dem Pfad und einigen Spiel- und Spaßstationen ist eine der insgesamt 18 Plattformen gesperrt. Von weitem kann ich das Spektakel beobachten. Braut und Bräutigam schauen sich verzaubert um. Eleganter Boho-Schmuck ziert den Pavillon. Tische und Stühle stehen parat für die Gäste. Hier wird geheiratet. Meine Begleiterin und ihr Mann haben sich ebenfalls zwischen den Baumwipfeln das Ja-Wort gegeben.
Ein Kamel erzählt aus seinem Leben
Als Nächstes besuchen wir die Kiepenfrau Wally, eine von Alexander Frehse geschnitzte Figur, die uns auf Knopfdruck einen Schwank erzählt. Die knorrige Frau mit dem großen Weidenkorb auf dem Rücken war zusammen mit ihren Kolleginnen täglich kilometerweit unterwegs, um Waren, Briefe und Lebensmittel zu transportieren. Als wäre es nicht schon schwer genug – immerhin wog der beladene Korb oft mehr als 20 Kilogramm – strickten die Kiepenfrauen beim Laufen. Von Wally erfährst du auch, warum sie als Kamel des Harzes betitelt wurde.

Spiel- und Spaßelemente
Nun wird es wackelig auf dem Holzsteg. Zwischen den Bohlen sind Löcher, in die verschiedene Seile geflochten sind, auf denen ich mich bewege. Mal finde ich auf Leitersprossen Halt, mal balanciere ich auf einem Balken und einmal gehe ich vorsichtig über ein grobes Netz. Darunter ist natürlich immer ein Sicherheitsnetz, das mich auffängt, falls alle Stricke reißen sollten. Wer nicht gut zu Fuß ist, geht einen anderen Weg über den normalen Pfad, der langsam aber sicher zum Herzstück führt: der Krone.
Krönender Abschluss
Wer oben auf dem Plateau steht, wird von der riesigen Stahlkonstruktion überdacht. Eine Gruppe picknickt, einige Besucher schauen in die Tiefe und ich zücke mein Handy und halte den Blick in die schöne Natur fest. Meine Begleiterin hat einen Tipp: „Der Indian Summer ist von hier oben total schön. Hier gibt es noch so viel Mischwald, der sich im Herbst richtig toll färbt.“
Im Kopf notiere ich meinen nächsten Ausflug hierher für Oktober. Und schon kommt der nächste Tipp: „Auf dem gesamten Pfad gibt es immer wieder Führungen und besondere Veranstaltungen wie Lesungen, das Wipfelfestival, bei dem viele Kleinkünstler auftreten oder das Wipfelleuchten. Mit den vielen Lichtern und passender Musik, traumhaften Lichtgestalten und Akrobaten herrscht hier eine besondere Atmosphäre.“
Tipp: Wem die Höhe nicht ganz geheuer ist, kann die Strecke hochwandern und den Baumwipfelpfad hinuntergehen. Dann fällt die Höhe am Anfang nicht so auf.